Maulbeerbäume

Seit über 300 Jahren werden in Brandenburg Maulbeeren kultiviert. Der Anbau erfolgte in mehreren Phasen und wurde staatlich gefördert oder auch angeordnet. Von dem Auf und Ab der Maulbeer– und Seideraupenkultur sind die noch existierenden Maulbeerbäume lebende Zeugnisse.

Diese lebendigen Zeugnisse einer erloschenen Kultur finden sich auch an verschiedenen Orten im Naturpark. Da die Nutzung der Maulbeeren mittlerweile aufgegeben wurde, verschwinden nach und nach diese Bäume aus unserer Landschaft. Sie sind ein Sinnbild der Kulturlandschaft und Landschaftspflege: Nur solange wir uns um die von unseren Vorfahren geschaffene Kulturlandschaft kümmern, bleibt diese erhalten und kann vielen daran angepassten Arten Schutz und Lebensraum bieten.

Warum kam die Maulbeere nach Deutschland?

Von den insgesamt etwa 15 Maulbeer-Arten haben es drei nach Deutschland geschafft: Sowohl die Weiße Maulbeere (Morus alba) und die Schwarze Maulbeere (Morus nigra) - ursprünglich aus Asien stammend - als auch die Rote Maulbeere (Morus rubra) - beheimatet in Nordamerika - haben den Weg nach Deutschland gefunden.

Eine kurze Geschichte der Maulbeeren in Brandenburg

Ende des 16. Jahrhunderts ließ die Tochter des Kurfürsten von Brandenburg Joachim II. die ersten Maulbeeren in Brandenburg pflanzen. Später brachten hugenottische Einwanderer aus Frankreich den Seidenanbau nach Brandenburg. In den kommenden Jahrzehnten förderten sowohl Kurfürst Friedrich II. als auch Friedrich Wilhelm I. die Anpflanzungen von Maulbeeren. Letzterer erklärte den Seidenbau zur wichtigen zentralen Aufgabe, um den Bedarf an Seide für die Ausrüstung der Armee zu decken. Dennoch gab es zum Ende seiner Regentschaft im Berliner Raum gerade einmal rund 2000 Bäume. Friedrich II. nahm seine Ansätze auf und förderte 1740 -1786 mit großen finanziellen Aufwendungen die Seidenraupenproduktion. Während seiner Regentschaft - auch bedingt durch drakonische Strafen, welche das Abholzen der Bäume betraf - wuchs die Zahl der Bäume auf stolze 600.000 an. Seine Nachfolger führten den Seidenbau nicht mit gleicher Entschlossenheit weiter - und schlagartig reduzierte sich die Zahl der Maulbeeren.

Nutzen

Die Blätter der Maulbeere sind die Nahrungsquelle des Seidenspinners (Bombyx mori), einer Schmetterlings-Art. Aus den Kokons der Schmetterlingsraupen wird Naturseide hergestellt. Aus den Eiern des Seidenspinners - ein Weibchen legt bis zu 400 Eier ab - schlüpfen die Raupen. Diese werden in speziellen Zuchtanlagen bis zu deren Verpuppung mit Maulbeerblättern gefüttert. Die sich in einem Kokon verpuppten Raupen werden eingesammelt und durch Erhitzen abgetötet. Danach erfolgt die Gewinnung der Rohseide. Ein Kokon enthält einen bis zu 900 Meter durchgehenden Seidenfaden.

Neben der Seidenraupenzucht wurden Maulbeeren auch als Obstgehölz angepflanzt. Hiervon zeugt der deutsche Name Maul-Beere. Ob es auch in unserer Region spezielle Fruchtsorten gibt, ist bisher nicht bekannt. Neben den zumeist "fade" schmeckenden weißen Maulbeerfrüchten sind süße und aromatische rote bis schwarze Fruchtbildungen der Weißen Maulbeere bekannt.

An manchen Orten schmücken Maulbeeren auch Parkanlagen.

 

Letzte Vorkommen im Naturpark und Maßnahmen, die Maulbeere zu erhalten

Vorkommen der Maulbeere im und um den Naturpark Dahme-Heideseen (© Naturpark Dahme-Heideseen)

Seit dem Jahre 2010 werden die Maulbeervorkommen in der Naturparkregion erfasst. Bisher sind über 55 Vorkommen bekannt. Vom Alter stammen die meisten aus der Anbauperiode unter Friedrich II sowie aus der Zeit vor 1945. Der älteste Maulbeerbaum steht in Birkholz (bei Beeskow). Ein Schild nennt das Pflanzjahr: 1790.

Maulbeeren besitzen, ähnlich wie Weidenbäume, ein starkes Regenerationsvermögen. Sie können auch nach starkem Rückschnitt und Fällung wieder austreiben. Daher ist es oft nicht möglich, das Alter der Bäume zu benennen. Bis auf wenige Pflanzungen in Hecken privater Gärten, stehen die meisten Maulbeeren auf öffentlichen Plätzen. Dies sind Schulhöfe, Feuerwehranlagen, Friedhöfe, Sportplätze sowie Weg– und Grabenränder.

Im Rahmen des Tag des Offenen Denkmals pflanzt das Team des Naturparks seit 2011 neue Maulbeerbäume in der Region. Die jungen Bäume sind ein Ersatz, falls doch einmal einer der Altbäume sein Leben natürlich beendet. Einige der ältesten und stärksten Maulbeeren sind als Naturdenkmal geschützt. Hierzu gehören die drei Maulbeerbäume auf dem Friedhof von Münchehofe sowie der Maulbeerbaum an der Schleuse in Kummersdorf.

Romeo und Julia der Antike: Pyramus und Thisbe - und die Maulbeere mischt auch mit

Die Geschichte, erzählt vom römischen Dichter Ovid vor 2000 Jahren, handelt vom babylonischen Liebespaar Pyramus und Thisbe. Deren Eltern sind verfeindet, die Liebenden dürfen sich daher nicht sehen. Nur ein Mauerspalt schafft heimlichen Kontakt. Um zu einander zu kommen, entschließen sie sich zur Flucht.

Verabredet ist der Treff an der Quelle unter dem mit weißen Früchten behangenen Maulbeerbaum. Thisbe erreicht den vereinbarten Ort. Kein Pyramus ist zu sehen. Nur eine Löwin, die mit blutig gefärbtem Maul aus der Quelle trinkt. Thisbe ist erschüttert. Der Geliebte, von der Löwin gefressen! Entsetzt rennt sie fort. Ihr Tuch fällt bei der Flucht und bleibt an der Quelle zurück.

Was Pyramus sieht, als er am Maulbeerbaum ankommt, lässt ihn nicht minder erstarren. Eine Löwin spielt mit dem nun blutverschmierten Tuch seiner Liebsten. Verzweifelt sticht sich Pyramus den Dolch ins Herz. Das spritzende Blut färbt einige der weißen Maulbeeren rot. Thisbe kehrt noch einmal an den Ort zurück. Verwirrt von den nun dunkel gefärbten Maulbeeren findet sie den sterbenden Pyramus. Mit seinem Dolch folgt sie ihm in den Tod.